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BA-Chefin Andrea Nahles: “Wir bauen den Laden total um”

Wie Andrea Nahles und ihr CIO Stefan Latuski die Bundesagentur für Arbeit (BA) fit machen wollen für die Zukunft – und warum ihr Ansatz alternativlos ist.

Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, berichtet auf den Hamburger IT-Strategietagen über ihre Herausforderungen.

Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, berichtet auf den Hamburger IT-Strategietagen über ihre Herausforderungen.
Foto: Fabian Hammerl

Anno 2024 ist es zwanzig Jahre her, dass die “Anstalt” aus dem Namen der Institution verschwunden ist, und auch jenseits dieser Formalie hat sich in Nürnberg seitdem enorm viel verändert. Dennoch klingt es mit Blick auf das Image der Behörde überaus ambitioniert, wenn BA-Chefin Andrea Nahles in Hamburg verkündet, man wolle mittelfristig zum “modernsten öffentlichen Dienstleister Europas” werden – der größte sei man ja bereits.

Weil dieser Weg – natürlich – ohne IT nicht zu gehen ist, brachte die Ex-Bundesarbeitsministerin ihren CIO mit nach Hamburg. Stefan Latuski hat – obwohl erst 40 Jahre alt – langjährige Erfahrung mit schwer überschaubaren Strukturen, war er doch vor seinem aktuellen Engagement 15 Jahre lang für den Siemens-Konzern tätig.

Zusammenarbeit zwischen IT und Fachbereichen neu strukturiert

Der von Andrea Nahles verkündete Umbau ist auch deshalb alternativlos, weil etwa 40 Prozent des aktuellen Personals der BA in den kommenden Jahren in Rente geht – und sich ein Gutteil davon wegen des Mangels an Fachkräften und an Jungen ganz allgemein nicht wird ersetzen lassen.

Interessanterweise ist aber Rationalisierung und Automatisierung mit möglichst wenigen Menschen und möglichst viel und möglichst ausgefeilter IT nicht die Antwort auf diese Heausforderung, das machten Nahles und Latuski in Hamburg schnell deutlich – oder jedenfalls nicht die erste und einzige. Weil die BA erstens für schnelle Kehrtwenden “zu träge und zu starr ist”, wie Stefan Latuski freimütig zugibt. Weil sie zweitens auch nicht über die dafür notwendigen IT-Kapazitäten und Skills verfügt – oder jedenfalls nicht im eigenen Haus. Und weil drittens nach wie vor unklar ist, welche IT-Anwendungen – vor allem wenn sie in der Cloud liegen – eine staatliche Behörde wie die BA genau nutzen darf und welche nicht.

Jeder Strukturwandel gelingt nur mit dem richtigen Mindset

Weil es aber nicht funktioniere, suboptimale Prozesse mithilfe von IT optimieren zu wollen, müsse man “den Laden total umbauen”, wie Andrea Nahles in Hamburg betont. So entstand in Nürnberg eine “Zukunftsfabrik”, die unter anderem die Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und IT neu strukturiert – weg vom klassischen Plan-Build-Run, hin zu einem produktzentrischen Ansatz.

Darüber hinaus gehe es auch darum, anders zu entscheiden als bisher, so Latuski. Deshalb trennt die BA technische und personelle Verantwortlichkeiten voneinander. IT-Leiter sitzen jetzt direkt in den Projektteams, denen die Personaler – quasi von der Seitlinie aus – die notwendigen Kapazitäten verschaffen.

Jeder Strukturwandel gelingt nur, wenn die unmittelbar Beteiligten mitziehen, das gilt natürlich auch für die BA. Für Entspannung sorgte dabei mit Sicherheit die Zusage, niemanden wegen notwendiger Veränderungen zu entlassen.

CIO Latuski setzt für die Zukunft stärker auf Eigenleistung

Allerdings benötigen einer internen Untersuchung zufolge 56 Prozent des Personals zur Bewältigung des Wandels andere oder zusätzliche Skills. Mit Weiterbildung allein wäre die Lücke nicht zu schließen. Gerade in der IT braucht es auch zusätzliche Kräfte – zumal CIO Latuski künftig mehr auf Eigenleistung setzt als in der Vergangenheit. Diesen Bedarf hätten die zuständigen Gremien “auch sehr schnell begriffen”, 400 der gewünschten 700 neuen IT-Mitarbeiter konnte die Bundesanstalt 2023 bereits engagieren.

Dritter Bremsklotz für den Wandel hin zum “modernsten öffentlichen Dienstleister Europas” ist die rechtliche Sonderstellung einer Behörde. Weil sie grundsätzlich strengste Vorgaben erfüllen muss – und zwar auch solche, die gerade dem Wandel hin zu einer IT-gestützten Organisation im Weg stehen. Das klassischerweise von vielen Verwaltungsakten geforderte Vier-Augen-Prinzip zum Beispiel ließe sich bei automatisierten Prozessen oft gar nicht mehr umsetzen, so Andrea Nahles. “Wir wollen solche Probleme offen ansprechen – und uns nicht von ihnen ausbremsen lassen.”

Wir haben uns nicht beirren lassen und es einfach gemacht

Eine solche Ansage wirke befreiend für das Mindset der Mitarbeiter, ergänzt BA-CIO Stefan Latuski – und das sei auch nötig. Generell ziehe eine Behörde eher sicherheitsorientierte Menschen an. “Deshalb war bei uns der Widerstand gegen die Veränderungen zu Beginn auch groß.”

Es werde auch viel geredet und manches zerredet. Bei fast jeder Idee finde ich jemand, der erklärt, warum genau das nicht möglich ist und nicht funktionieren kann. “Wir haben uns aber nicht beirren lassen, sondern einfach gemacht,” so CIO Stefan Latuski.

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