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Ergo-CIO Mario Krause

Wie sich Veränderungsdruck und Altlasten vereinbaren lassen

Der Mainframe spielt bei der Ergo Deutschland immer noch eine wichtige Rolle – zwangsläufig. CIO Mario Krause beschrieb auf den Hamburger IT-Strategietagen, wie er die Konzern-IT behutsam modernisiert.

Ergo-CIO Mario Krause spricht auf den Hamburger IT-Strategietagen von einem enormen Veränderungsdruck bei jeder Menge IT-Altlasten.
Ergo-CIO Mario Krause spricht auf den Hamburger IT-Strategietagen von einem enormen Veränderungsdruck bei jeder Menge IT-Altlasten.
Foto: cio.de

Mario Krause, CIO und Vorstandsmitglied der Ergo Deutschland, zeichnete in seinem Vortrag ein Bild von der Versicherungswirtschaft im Wandel – und der gestaltet sich branchenübergreifend durchaus zäh. Deutsche Bürger hätten, über alle Anbieter hinweg, im Durchschnitt vier bis fünf laufende Versicherungen, was zu einer gewissen Marktsättigung geführt habe. Vor allem das Neukundenpotenzial ist laut Krause überschaubar.

Gleichzeitig sind die Herausforderungen für die Branche vielfältig. Pandemie und Klimawandel, aber auch der Trend zu mehr Nachhaltigkeit sind externe Einflussfaktoren, die alle Anbieter herausfordern, aber auch Chancen bieten. Aufgrund der langen Niedrigzins-Phase gestaltet sich das Geschäft mit Lebensversicherungen schwieriger. Gleichzeitig bringen neue digitale Herausforderer, neue Ökosysteme oder Preisvergleichsanbieter wie Check24 die Branche in Zugzwang.

Jede Menge Altlasten in der IT

In diesem Wettbewerbsumfeld steht die IT unter enormem Veränderungsdruck, schleppt aber gleichzeitig jede Menge Altlasten mit sich herum. Themen wie Personalisierung, Channel-übergreifende Produkt- und Tarifstandardisierung, Auslagerungs- und Kooperationsmodelle oder auch der Kampf mit neuen Wettbewerbern müssen angegangen werden. Doch im Hintergrund bremsen traditionelle IT-Prozesse in starren Linienstrukturen und fragmentierte IT-Landschaften, in denen Cobol-Programme und der Mainframe eine – aus Sicht von Krause – noch zu wichtige Rolle spielen.

Für Mario Krause bleibt Legacy auf Jahre hinaus ein Thema.
Für Mario Krause bleibt Legacy auf Jahre hinaus ein Thema.
Foto: cio.de

Aufgabe eines “transformativen CIO” sei es daher, Brücken zu bauen zwischen der alten und einer neuen IT-Welt, in der Microservices-basierte Architekturen, leichtgewichtige agile Prozesse und eine anpassbare Netzwerkorganisation im Zentrum stehen. Krause ist also dabei, den Übergang in eine hybride Welt zu gestalten, und dafür setzt er an vier Stellen an:

  • Portfoliomanagement

Bei der Ergo schaut man sich das Gesamtportfolio genau an: Welche Legacy-Themen müssen taktisch und strategisch angegangen und welche betagten und monolithischen Systeme abgelöst werden, um die Transformation zu meistern? Die Münchner unterscheiden eine “neue Welt” mit Investitionen in Themen mit agilem Vorgehen von der “klassischen Welt” mit Budgets für Themen mit traditionellem Vorgehen. Dazwischen liegt als Kompromiss die “hybride Welt”.

Legacy wird laut Krause noch einige Jahre signifikante Anteile am Transformationsportfolio halten, doch schon 2023 werde die neue Welt ähnlich stark gewichtet sein wie die klassische. Interessant in der Kalkulation der Ergo ist, dass die Investitionen in das Gesamtportfolio bis 2025, auch aufgrund der Ablösung von Legacy-Anwendungen und Mainframes, stark zurückgehen sollen.

  • Architekturen

Bei den Münchnern spielt die über Jahrzehnte gewachsene Mainframe-Architektur immer noch eine zentrale Rolle – und damit sieht sich Krause nicht allein. Deutschland sei immer noch ein Großrechner-Land. “Versicherungsverträge aus den 70er Jahren stecken in Systemen der 70er Jahre”, beschrieb der CIO die Malaise. Allein sein Unternehmen habe immer noch rund 60 Millionen Codezeilen auf dem Mainframe.

Die Zukunft gehöre aber Microservices-Architekturen, CI/CD und neuen Technologien wie Python. Übergangsweise legt Krause seinen Fokus auf hybride Architekturen, also etwa auf die Modernisierung von Benutzeroberflächen, auf “Microservices-Fassaden” für den Zugriff auf den Host sowie auf vielfältige Technologie-Kombinationen. Ergo wird in diesem Zusammenhang beispielsweise Ressourcen bereitstellen, um “Dead Code” zu identifizieren, ganze Codeblöcke einem Re-Engineering und gegebenenfalls einem Wrapping zu unterziehen und Daten aus alten Mainframe-Datenbanken zu migrieren.

  • Prozesse

Auch auf der Prozessebene gilt es, die klassische Welt – gekennzeichnet durch V-Modell, temporäre Projektteams, die Steuerung nach Meilenstein-Plänen und die Abstimmung mit Führungsgremien – mit der agilen Welt zu verbinden, in der Scrum, DevOps, BizDevops, agile Steuerung sowie die Abstimmung mit Kunden und Nutzern wichtig sind. Dafür hat sich das Unternehmen das “Essence”-Modell ausgedacht, ein unternehmenseigenes Vorgehensmodell, dass Wasserfall und Agile zusammenführt.

Viele Elemente der agilen Entwicklung haben damit längst Einzug ins Unternehmen gehalten, auch wenn der Schalter noch nicht vollends umgelegt wurde. Immerhin konnten so die Zusammenarbeit von Business und IT verbessert, der Fokus auf den Business-Nutzen intensiviert, die Time-to-market verkürzt und dabei im klassischen Sinne Qualität und Compliance sichergestellt werden.

  • Organisation

Wie in vielen anderen Unternehmen hat auch die IT der Ergo Abschied von der klassischen Linienorganisation genommen und sich erst einmal eine hybride Organisation gegeben. Diese greift aber schon viele Elemente einer modernen Netzwerkorganisation auf und setzt dabei beispielsweise auf eine stärkere Eigenverantwortung der Mitarbeitenden. Entscheidend dabei ist für den CIO die klare Hinwendung zu einer stärkeren Zusammenarbeit aller Ergo-Gesellschaften weltweit. Die Orchestrierung dieser internationalen Zusammenarbeit in einem Setup zwischen klassischer und moderner Organisationsform ist die große Herausforderung, der sich Krause stellen muss.

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